Für alle die mehr wissen wollen über RESCHITZ, BANAT, RUMÄNIEN (unsere alte Heimat), die sind hier genau richtig.

Banater Berlanddeutsche

MITTEILUNGSBLATT DES HEIMATVERBANDES BANATER BERGLANDDEUTSCHER E.V.
Folge 73                     München-Wien, März-April 1997                         13. Jahrgang






Liebe Landsleute aus dem Banater Bergland!

Unser Mitteilungsblatt bringt diesmal Beiträge zum Thema Gruppenidentität der Banater Berglanddeutschen. Ohne ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen Menschen kann es eine solche Gruppenidentität nicht geben. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit, entstanden und gewachsen während unseres Zusammenlebens in der alten Heimat, ist uns auch in der neuen Heimat noch nicht verlorengegangen, obwohl wir heute verstreut in ganz Deutschland, Osterreich, ja sogar in anderen Erdteilen leben. Und dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit ist es auch, das uns auf Heimattreffen immer wieder zusammenführt.
Der Bundesvorstand unseres Heimatverbandes sieht es als eine seiner wesentlichen Aufgaben, den organisatorischen Rahmen für unsere Heimattreffen zu schaffen. So haben wir uns auch diesmal bemüht, Ihnen die Möglichkeit zu bieten, liebe Freunde, viele Bekannte aus der alten Heimat wiederzusehen und in der Stadthalle von Memmingen das Gefühl unserer Zusammengehörigkeit für Stunden aufleben zu lassen.
 
 
 

KURZ GEMELDET

Rentenkürzung

Am 19. Februar 1997 fand in Stuttgart eine Aussprache zum Thema Renten-kürzung statt, zu der Jakob Laub, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Sachverständige eingeladen hatte. Ein Rechtsanwalt wurde mit der Prüfung der Verfassungswidrigkeit der 40-Prozent-Kürzung beauftragt. Nach Vorliegen seines Gutachtens wird die Landsmannschaft weitere Empfehlungen geben. Vorerst wird den Betroffenen geraten, selbst Rechtsmittel in Anspruch zu nehmen, das heißt, gegen die Bescheide Widerspruch einzulegen bzw. Klage beim Sozialgericht einzureichen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, ,,daß der Widerspruch und auch die Klage beim Sozialgericht persönlich erhoben werden soll und kostenfrei sind." Unabhängig davon wird eine Musterklage beim Bundesvenfassungsgericht in Karlsruhe angestrebt, die von der Landsmannschaft unterstützt wird.
(nach ,,Sorge um Renten" in ,,Banater Post" vom 5.3.97)
 
 
 

Jahresempfang der Landsmannschaft der Donauschwaben

Im Haus der Donauschwaben in Sindelfingen fand am 19. Feber 1997 der traditionelle Jahresempfang statt. Bundesvorsitzender Jakob Dinges begrüßte die zahlreich anwesenden Vertreter staatlicher und kultureller Institutionen sowie verschiedener landsmannschaftlicher Organisationen. Von seiten unseres Heimatverbandes nahm Herta Drozdik-Drexler als stellv. BV an der Veranstaltung teil. Ministerialdirektor Eckert vom baden-württembergischen Innenministerium erwähnte in seiner Ansprache u.a. das Donauschwäbische Zentralmuseum in Ulm, das ein ,,Museum europäischen Anspruchs" werden soll. Nachdem der Bund, das Land Baden-Württemberg und die Stadt Ulm ihren Verpflichtungen nachgekommen seien, sei es nun Sache der Landsmannschaften, das Ihrige zu tun und für die Beschaffung der Exponate zu sorgen. Anschließend berichtete Jakob Dinges über die zahlreichen Veranstaltungen des Hauses der Donauschwaben im vergangenen Jahr, darunter solche, die dem Ausbau der Beziehungen zu den Donauschwaben in Osteuropa, aber auch in anderen Teilen der Welt dienen. Ein besonderes Ereignis war in diesem Zusammenhang der Besuch in der donauschwäbischen Siedlung in Entre Rios. Die Siedlung wurde 1951 von Donauschwaben gegründet, die auf der Suche nach Möglichkeiten der Gründung einer neuen Existenz aus österreichischen Flüchtlingslagern nach Brasilien ausgewandert waren. Nach schwierigen Anfängen entwickelte sich die Siedlung dank dem Fleiß und der Tüchtigkeit ihrer Bewohner zu einem mustergültigen Wirtschaftszentrum. So sagte denn auch Jakob Dinges mit Recht: Donauschwaben waren schon immer Europäer und Weltbürger. Und in diesem Sinne wollen sie auch weiter als Vermittler zwischen West und Ost wirken.

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Anmerkungen zur Gruppenidentität der Banater Berglanddeutschen

In dem Beitrag ,,Die Donauschwaben. Vielfalt in der Einheit" (Folge 69) wurde festgestellt, daß es gute Gründe dafür gibt, die Banater Berglanddeutschen als eine der Regional- gruppen zu betrachten, die alle zusammen die große Gruppe der Deutschen aus dem mittleren Donauraum bilden, die hier als Donauschwaben bekannt sind. Es wurden gemeinsame historische Erfahrungen nachgewiesen, die man als Grundlage einer donauschwäbischen Gemeinschaft betrachten kann. Es wurde aber auch darauf hingewiesen, daß sich einzelne Regionalgruppen, darunter auch wir Banater Bergländer, mit einem donauschwäbischen ,,Wir-Gefühl" schwertun, weil sich ihr Wir-Gefühl auch aus anderen Quellen speist als das Wir-Gefühl der Schwaben, und zwar aus regional zum Teil unterschiedlichen identitätsstiftenden Merkmalen historischer, politischer, sozialer und kultureller Art. Da das Wir-Gefühl ein wichtiges Merkmal einer Gemeinschaft ist, will dieser Beitrag der Frage nachgehen, warum die Bergländer ein eigenes Wir-Gefühl entwickelt haben.

Welche Faktoren haben also zur Herausbildung einer eigenen Gruppenidentität der Banater Berglanddeutschen geführt? Wodurch unterscheiden sie sich von den Banater Schwaben?

Vorneweg sei daran erinnert, daß auch die Bergländer ihrerseits keine homogene Gruppe sind. Da sind zum einen die Bewohner der Industrieorte, die zahlenmäßig größere und wirtschaftlich stärkere Gruppe, und da sind die Deutschen im einstigen Militärgrenzbezirk der Donaumonarchie, die Bewohner der Orte zwischen Orschowa und Karansebesch und die Böhmendeutschen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich hauptsächlich auf die Industrieorte, manches aber gilt auch für das einstige Grenzgebiet.

1689 - noch herrscht Krieg zwischen Habsburgern und Türken -wird das erste kaiserliche ,,Impopulationspatent" erlassen, das die Besiedlung des ,,fast gänzlich zu Grunde gerichteten und abgeödten Erb-Königreichs Hungarn" vorbereiten soll, zu dem vor der Türkenherrschaft auch das Banat gehörte. Man weiß in Wien von den Erzvorkommen im Bergland. 1703 werden Tiroler Knappen unter der Leitung des Bergmeisters Mathias Brunner beauftragt, den Zustand der 1699 von den Türken aufgegebenen Bergwerke bei Orawitz zu prüfen. Auch in Bokschan soll Kupfer- und Eisengewinnung vorbereitet werden. Aber das Gebiet ist noch nicht befriedet, geregelter Betrieb von Berg- und Hüttenwerken noch nicht möglich. 1716 ist das Banat von den Türken befreit. Es wird nun nicht mehr dem Königreich Ungarn angegliedert, sondern als kaiserliche Provinz unter militärische Verwaltung gestellt und soll wirtschaftlich nutzbar gemacht werden. Zum ersten Gouverneur des Banats wurde Generalfeldmarschall Graf Mercy ernannt.

Die ersten Deutschen kamen als Beamte, Handwerker und Kaufleute im Gefolge des Heeres ins Land und ließen sich in den Städten nieder. Ansässig wurden hier auch Veteranen, die nach Kriegsende aus der Armee entlassen worden waren.
Eine der ersten administrativen Maßnahmen der Wiener Hofkammer im Banat ist die Gründung der ,,Banater-Bergwerks-Einrichtungs-Commission" im Dezember 1717 in Temeswar; noch vor dem Friedensabkommen von Passarowitz 1718. Ihre Aufgabe war es, bestehende, jedoch verkommene Berg- und Hüttenwerke wieder in Betrieb zu nehmen, neue Erzlager zu suchen und die für die Erz- und Metallgewinnung nötigen Fachkräfte anzuwerben.
1718 kommen 13 Bergleute aus Tirol. Ihre Namen sind überliefert. Sie werden in Orawitz, Bokschan und Dognatschka eingesetzt. Bald darauf kommen aus Szolnok in Oberungarn und aus Schmöllnitz in der Zips zehn Bergleute, zwei Kupfer- und Eisenschmelzer, ein Kupfer- und Eisenhammermeister, ein Kupfer- und Eisenschmiedebursch sowie ein Gebläsemeister. In Tschiklowa wird ein Kupferhochofen angeblasen. Überliefert ist der Name des Obersteigers Johann Schubert, der ein Eisenerzlager bei Bokschan entdeckt. 1719 entsteht hier nach Plänen des Berginspektors Friedrich Freiberg das ,,Altwerk". Im selben Jahr wird in Orawitz das Oberbergamt und in Bokschan das Eisenverweseramt eingerichtet. 1720 berichtet Direktionsrat Samuel Franz Rebentisch über die reichen Erzvorkommen bei Bokschan. Mit der Entwicklung der Werke wächst die Zahl der benötigten Fachkräfte. Ein Befehl der Hofkammer vom April 1722 an das Faktoreiamt in Schwaz Tirol macht dies deutlich. Angefordert werden für die Werke in Orawitz, Bokschan, Dognatschka und Maidanpek (Nordserbien) ,,120 Häuer; die sich auf Glas-, Blei- und Kieserzarbeiten verstehen, dann 70 Haspler, Hundstoßer und Säuberbuben, ferner 25 Schmelzer, endlich 20 Köhler und Holzknechte nebst einigen im Klausenwerke und in den Riesgefährten erfahrene Leute". In Bokschan wird im selben Jahr das ,,Neuwerk" in Betrieb genommen, in Dognatschka nimmt ein Kupferwerk den Betrieb auf. In den Bergorten Orawitz, Bokschan und Dognatschka gab es also bereits vor 1722 deutsche Siedler: Beamte und Fachleute, die für Arbeiten eingesetzt wurden, die spezielle Fachkenntnisse erforderten. Ihre genaue Zahl kennen wir nicht. Erkennbar wird damit jedoch bereits, was auch für die spätere Besiedlung des Berglandes charakteristisch bleibt: Sie vollzieht sich in kleineren Gruppen und richtet sich nach dem Bedarf an Fachkräften vor Ort.

Die geregelte Ansiedlung der später Schwaben genannten Deutschen begann erst 1722, nachdem 1719 in einem ,,Einrichtungs-Befehl" die Besiedlung des Banats angeordnet worden war. Mit dem ersten Schwabenzug (1722-1726) sollen etwa 15.000 Personen ins Banat gekommen sein. Es folgten neben mehreren kleinen Ansiedlungsaktionen zwei weitere Schwabenzüge (1763-1770 und 1782-1787), mit denen jeweils einige tausend Familien als Siedler ins Banat kamen.
Während die Besiedlung der Ebene durch Zuzug von außen um 1810 als abgeschlossen gelten kann, wird sie im Bergland fortgesetzt. So kommen 1827-1828 die Böhmendeutschen ins Banater Bergland. Mit dem industriellen Aufschwung um die Mitte des 19. Jh. kommen z.B. 1846 Siedler aus Stari Hori nach Reschitz; um 1850 Waldarbeiter aus Norditalien, das damals Teil des Habsburger Reiches war, nach Ferdinandsberg; 1856-1858 an die 600 Personen aus der Zips, aus Böhmen und Sachsen nach Steierdorf. Die späteren Ansiedlungen wurden nicht mehr von staatlicher Seite, sondern von den Werksleitungen betrieben. All das erklärt, warum die ,,Schwabenzüge" für das Wir-Gefühl der Bergländer bedeutungslos sind, während sie im Identitätsbewußtsein der Banater Schwaben tief verankert sind, denken wir nur an Kunstwerke wie Stefan Jägers Gemälde ,,Die Einwanderung der Schwaben ins Banat" oder an Adam Müller-Guttenbrunns Roman ,,Der große Schwabenzug", womit der Ausdruck ,,Schwabenzug" geprägt und verbreitet wurde, so daß später auch Historiker ihn übernahmen.

Herkunftsmäßig stammen die Siedler in den meisten Orten des Banats, sowohl im Bergland wie auch in der Ebene, aus verschiedenen Regionen des damaligen Deutschen Reiches. Ein Beispiel soll dies veranschaulichen. Bei 103 Männern, die zwischen 1847-1852 im Steierdorfer Ehematrikel erfaßt wurden, findet sich die genaue Angabe des Herkunftsgebietes, meist sogar des Herkunftsortes. Demnach stammen nur 13 aus dem Banater Bergland, sind also bereits Nachkommen der ersten Siedler, und zwar 7 aus Steierdorf, 4 aus Orawitz und je 1 aus Reschitz und Bosowitsch. Die anderen 90 sind zugewandert: 40 aus Tirol, 19 aus der Slowakei, 8 aus Bayern, 7 aus Böhmen, 4 aus Mähren, 3 aus Österreich, je 2 aus Schlesien, Trient und Ungarn und je 1 aus Mecklenburg, Schleswig-Holstein und Kroatien.
Ähnlich verhält es sich in anderen Bergorten. Deutlich wird damit, daß die meisten Siedler im Banater Bergland aus dem Zentrum und dem Osten des Habsburger Reiches stammen: aus Tirol, der Steiermark, aus Ober- und Niederösterreich, aus Böhmen, Mähren und Ungarn, aus der Slowakei bzw. aus der Zips. Sie waren vorwiegend Berg-, Hütten- und Forstleute. Mit den Schwabenzügen hingegen kamen vor allem Bauern aus den südwestlichen Gebieten des Reiches (Baden-Württemberg, Pfalz, Lothringen, Hessen u.a.) in die Banater Ebene. Diese schwerpunktmäßig unterschiedliche Herkunft erklärt die unterschiedlichen Dialekte. Im Bergland wurde kein ,,Schwowisch" gesprochen, sondern dem Bayrisch-Österreichischen verwandte Mundart. Ihr Wir-Gefühl beziehen die Bergländer also auch aus einem anderen Herkunfts- und Sprachraum als die Schwaben.
Eigenheiten der Ansiedlungsgeschichte, der Herkunft und der Sprache sind für die Banater Berglanddeutschen entscheidende Merkmale ihrer Eigenständigkeit als donau-schwäbische Regionalgruppe.
Hinzu kommt, daß auf Betreiben der ungarischen Aristokratie die zivile Verwaltung des Banats 1778 an Ungarn abgegeben wird. Eine Ausnahme bilden Militärgrenzbezirke und die Bergorte. Die Schwaben werden damit unter ungarische Verwaltung gestellt. Oberste Verwaltungsinstanz im Banater Montangebiet ist noch über mehrere Jahrzehnte die Bergdirektion in Orawitz, die der Hofkammer in Wien direkt unterstellt bleibt, bis 1855 die STEG die Werke übernimmt.
Die Deutschen, die im 18. Jh. im Banter Bergland angesiedelt wurden, kamen zu einem großen Teil aus den Alpenländern, so z.B. 1793 alle 71 Gründerfamilien von Franzdorf. Dies sowie die Sprache und die lange administrative Abhängigkeit von Wien bewirkten eine gefühlsmäßige Bindung der Berglanddeutschen an die Alpenländer. Sie hat sich bei den Älteren unter ihnen, die in der Zwischenkriegszeit noch eine relativ intakte berglanddeutsche Gemeinschaft erlebt haben, bis heute erhalten. Und wenn der Alpenländische Kulturverband Südmark zu Graz heute intensive Kontakte zu den im Banater Bergland verbliebenen Deutschen pflegt, so hat dies auch historische Wurzeln.
Aufgrund der bereits genannten Faktoren, die im Banater Bergland zur Herausbildung einer eigenen Gruppenidentität geführt haben, ergeben sich weitere Unterschiede zwischen Bergländem und Schwaben, u.zw. im sozialen und kulturellen Bereich.

So ist z.B. die Werkszugehörigkeit, die sich in den Bergländerfamilien über Generationen fortsetzte, sowie Bruderlade und Gewerkschaft nicht nur für die Existenzsicherung von Bedeutung, sondern sie vermitteln auch das identitätsstiftende Wir-Gefühl. Auch wurden im Bergland Bräuche gepflegt, die den Bewohnern der Schwabendönfer unbekannt sind, z.B. das Fest der Hl. Barbara als Schutzpatronin der Bergleute.
Ein Unterschied, der nicht unerwähnt bleiben soll, ist die ethnische Struktur der Siedlungsorte. Die schwäbischen Dörfer wurden von deutschen Siedlern gegründet (von einigen Ausnahmen abgesehen) und größtenteils von ihren Nachkommen bewohnt. Sie bildeten bis um die Mitte des 20. Jh., was Sprache, Religion, Brauchtum betrifft, weitgehend geschlossenen schwäbische Dorfgemeinschaften und haben ihren schwäbischen Charakter mehr oder weniger bis zur Aussiedlung bewahren können, was im Bergland nur auf die Böhmendörfer zutrifft. Ein Teil der in den Bergorten Angesiedelten kamen nicht aus allein von Deutschen bewohnten Gebieten. In Böhmen, Mähren, der Zips waren Deutsche im Mittelalter in von Slawen bewohnten Gebieten angesiedelt worden. So kamen mit den Deutschen aus der Zips auch viele Slowaken ins Bergland, um nur die wohl größte der nicht Deutsch sprechenden Siedlergruppen zu nennen. Hinzu kommt, daß die Siedler einheimische Rumänen vorfanden, die von Anfang an zu Hilfsarbeiten in den Berg- und Hüttenwerken wie auch zu Waldarbeiten herangezogen wurden. Nach und nach qualifizierten sich viele von ihnen zu Facharbeitern und arbeiteten Seite an Seite mit den Deutschen unter Tage und in den Fabriken. Zwar wohnten Siedler und Einheimische jahrzehntelang in verschiedenen Ortsteilen (Montan- oder Deutsch-Bokschan und Roman-Bokschan usw.), doch die Arbeitswelt bringt sie einander näher. Die Sprache dieser Arbeitswelt war von Anfang an Deutsch und blieb es - mit zunehmenden Einschränkungen - bis um die Mitte des 20. Jh., was dazu führte, daß anderssprachige Siedler Deutsch erlernten, nach und nach verwandtschaftliche Beziehungen mit Deutschen eingingen und die meisten von ihnen sich schließlich selbst als Deutsche bekannten. (Ein Assimilationsprozeß, der übrigens nicht nur in den Industrieorten des Banater Berglands stattfindet. Das gleiche vollzog sich z.B. auch im Ruhrgebiet, wo die Nachkommen der einst als Arbeitskräfte angesiedelten Polen inzwischen längst Deutsche sind.) Erwähnenswert ist, daß auch viele in den Bergorten ansässigen Rumänen Deutsch sprechen lernten. Im Bergland lebten also von Anfang an verschiedene ethnische Gruppen neben- und nach und nach auch miteinander, so daß sich hier die Frage der ldentitätsbewahrung unter etwas anderen Rahmenbedingungen stellt als in den Schwabendörfern.

Schließlich wollen wir ein identitätsstiftendes Merkmal nicht unerwähnt lassen, das für die Banater Berglanddeutschen einen besonderen Stellenwert zu haben scheint: der geographische Raum. Den meisten von uns wird's warm ums Herz, wenn wir uns daran erinnern: unser Banater Bergland - die Hügel und die Täler, Wälder und Bäche, Stauseen und Kanäle - Virtoape, Buhui, die Drei Wässer und... und... und... Eine Schwäbin, die lange Jahre in Reschitz gelebt hat und daher mit Interesse unsere Verbandszeitung liest, meinte kürzlich: ,,Das ist nun der Unterschied zwischen mir als Wahlreschitzerin ohne alpenländische Herkunft und einem echten Bergländer: auch ich erinnere mich gerne an den Semenik, an den Ghica, an die Prolaz, aber so schwärmen kann ich nicht." Alexander Tietz zitiert im Vorwort seiner Arbeiterfolklore-Sammlung ,,Wo in den Tälern die Schlote rauchen" den Dichter Rilke mit den Worten: ,,Die Ebene hat keine Namen." Und Tietz fügt hinzu: ,,Unser Landschaftsgebiet hat tausend Namen. Der altererbte Name dient dem Bergbewohner nicht nur als unentbehrliches Orientierungsmittel im Gewirr der Täler und Kämme; der Name faßt die Einzelheiten zu einem Sinnganzen zusammen; mit ihm erfassen wir das innere Wesen, den Geist, den Genius des Ortes." Etwas von jenem ,,Geist" der Orte wohnt immer noch in uns, auch wenn wir heute fern von jenen Orten leben. Die Beziehung der Bergländer zur Landschaft ihrer alten Heimat hat, so scheint es, eine sentimentale Komponente, die ebenfalls identitätsstiftend gewirkt hat und immer noch identitätserhaltend wirkt.

Dieser Beitrag versteht sich als Versuch, objektive Kriterien zu benennen, die bei den Banater Berglanddeutschen zur Herausbildung einer eigenen Gruppenidentität geführt haben. Er erhebt keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit. Daß es eine Gruppenidentität der Bergländer gab und immer noch gibt, dafür sind Heimatverband und Forum der Banater Berglanddeutschen ein Beweis.
Schwaben und Bergländer haben im Banat für ihre Existenz als Deutsche historisch bedeutsame gemeinsame Erfahrungen gemacht (Magyarisierung, Einbindung in den rumänischen Staat, Nationalsozialismus, Flucht, Rußlanddeportation, Kommunismus und schließlich Aussiedlung). Diese und andere gemeinsame Erfahrungen sowie Binnenwanderungen, freundschaftliche und familiäre Beziehungen haben Schwaben und Bergländer einander näher gebracht, aber sie haben bei der im Vergleich zu den Banater Schwaben zahlenmäßig kleinen Gruppen der Berglanddeutschen nicht zur Aufgabe der eigenen Gruppenidentität zugunsten einer banatschwäbischen Identität geführt, was meines Erachtens deutlich macht, wie sehr die Bergländer ein Bewußtsein ihrer Eigenständigkeit entwickelt und verinnerlicht haben.

Die über 250 jährige Existenz der Deutschen im Banater Bergland weist zwar eine Reihe regionaltypischer Merkmale auf, ist aber letztendlich eingebunden in den viel größeren historischen Kontext, für den das erste Impopulationspatent des Kaisers Leopold 1. von Habsburg den Grundstein gelegt hat. Auch wenn zwischen dem Beginn der Besiedlung des Berglands und dem ersten Schwabenzug kein direkter Zusammenhang besteht, so gilt doch der ,,Einrichtungs-Befehl" von 1719 auch für das Bergland, denn darin wird angeordnet, daß alles getan werden müsse ,,wodurch das Land mehrers populiert und gebauet.. der akher und weinbau besser emporgebracht, die Handwerkhszunfften... nach und nach einzuführen getrachtet, einige manufacturen angelegt, handel und wandel vermehret, die von Gott besonders gesegnete Bergwerkh bey Orawitza und etwan anderen noch entdeckhenden gegenden nutzlich gebautet.. eine guette ordnung und policey ein gelaithet" werden.

Die Geschichte der Banater Berglanddeutschen steht - wie die Geschichte aller donauschwäbischen Regionalgruppen - in mehr als einem historischen Kontext. Sie gehört zur Geschichte Österreichs, Ungarns, Rumäniens und Deutschlands, zur Geschichte der Donauschwaben und natürlich auch zur Geschichte der Deutschen im Banat. Wenn wir unsere Eigenständigkeit immer wieder betonen, heißt das keineswegs, daß wir die Einbindung unserer kleinen Gemeinschaft in größere Gemeinschaften übersehen oder gar ablehnen. Es geht uns vielmehr darum, möglichst alle Facetten der donauschwäbischen Gemeinschaft zu beleuchten, weil erst dann die Vielfalt innerhalb dieser Gemeinschaft erkennbar wird. Die Einheit der Donauschwaben läßt sich nur im großen historischen Kontext der Habsburger Ansiedlungen im Südosten Europas darstellen. Diese Ansiedlungen aber haben in den jeweiligen Siedlungsgebieten zur Herausbildung kleinerer und in mancherlei Hinsicht durchaus eigenständiger Gruppen geführt. Und als eine dieser Gruppen möchten wir in der Geschichte der Banater Deutschen, der Donauschwaben wahrgenommen werden.

Ob es in hundert Jahren noch Banater Berglanddeutsche geben wird, ist fraglich. Die Nachkommen der Aussiedler integrieren sich nach und nach wie einst ihre Vorfahren in die Gemeinschaften ihrer neuen Wohnorte. Die Kinder und Enkel der im Bergland Verbliebenen werden zunehmend von der ethnischen Mehrheit assimiliert. Die einen wie die anderen folgen damit ungeschriebenen Gesetzen des Lebens, und wir sollten daher dem, was war, nicht nachtrauern, sondern nach vorn blicken. Doch wir sollten unser Möglichstes tun, daß die Erinnerung an das, was war, in der Geschichte erhalten bleibt. Denn was unsere Vorfahren im Banater Bergland bewirkt haben, war eine zivilisatorische Leistung, die es verdient, vor dem Vergessen bewahrt zu werden.

Herta Drozdik-Drexler
 

BIBLIOGRAPHIE:

Eugen Azzola: Geschichtliche Betrachtungen zu Ferdinandsberg. In ,,Banater Berglanddeutscher", Folge 19-21
Julius A. Baumann: Geschichte der Banater Berglanddeutschen Volksgruppe.
In der Reihe ,,Eckartschriften", Heft 109, Wien 1989
Die Donauschwaben: Deutsche Siedlungen in Südosteuropa.
Ausstellungskatalog. Herausgeber: Innenministerium Baden-Württemberg, 1987
Dr. Costin Fenesan: Mineritul la Anina de la ?nceputuri pina la 1855.
In ,,Anina 200", Herausgeber: Geschichtsmuseum des Kreises Karasch-Severin,
Reschitza 1991
Rudolf Gräf: Activitatea minierä si metalurgicä intre anii 1855-1918. In ,,Anina 200".
(Siehe auch oben)
Max Gleissl. Barbara Mai: Die Deutschen im Osten, Westkreuz Verlag Berlin/Bonn 1990
Georg Hromadka: Kleine Chronik des Banater Berglands. Verlag des Südostdeutschen Kulturwerks, München 1993
Walter Loidl: Kurze Geschichte der Gemeinde Franzdorf. Selbstverlag, Aschaffenburg 1993
Dan Gh. Perianu: Istoria uzinelor din Resita 1771-1996.
Herausgeber: U.C.M.R., Reschitz 1996
Dr. Anton Peter Petri: Herkunftsorte der Franzdorfer Kolonisten.
Selbstverlag, Mühldorf/Inn 1987
Gerda Schön: Steierdorf im Banater Bergland.
Eine Auswertung der ersten Kirchenbücher 1774-1852. Universität Ulm 1992
Dr. Horst Dieter Schmidt: Ein verschwundenes Dorf im Banat.
Armin Vaas Verlag, Langenau-Ulm 1991
Alexander Tietz: Wo in den Tälern die Schlote rauchen. Literaturverlag Bukarest 1967
Josef Windhager: Gründung und Gestaltung Reschitza's. In ,,Reschitzaer Zeitung" 1940
 
 

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Wollen Sie wissen, wer Ihre Vorfahren waren und woher sie kamen?

Der Familienstammbaum gibt darüber Auskunft. Unter der Leitung von Prof. Dr. Horst Schmidt wurden an der Universität Ulm die alten Kirchenmatrikeln der Banater Bergorte kartiert und die Daten computermäßig erfaßt. Vom Beginn der Aufzeichnungen bis 1850, zum Teil bis 1865. Wer Angaben zu nur einem Vorfahren machen kann, dessen Daten (Geburts- oder Sterbejahr z.B.) erfaßt wurden, kann die Daten aller mit diesem verwandten Vorfahren erhalten, sofern sie in den Matrikeln erfaßt sind.
Ein Computerauszug kostet zwischen 25-100 DM, je nach Anzahl der gewünschten bzw. vorhandenen Daten. Der Auszug kann angefordert werden bei:
Prof. Dr. Horst Schmidt
Universität Ulm, Abt. Anthropologie
Liststraße 3
D-89079 Ulm
Telefon 07 31/ 4014-130, Fax 07 31-4014-149.
 



 
 

In memoriam Professor Adalbert Henn






Vor 105 Jahren, am 9. April 1892, wurde Adalbert Henn in Reschitz geboren. Nach dem Studium der Naturwissenschaften und der Musik in Szeged und Budapest folgte er beruflich der Familientradition und wurde wie sein Vater Lehrer. Als solcher hat er vier Jahrzehntelang die Entwicklung der deutschen Schule in Reschitz begleitet und weitgehend mitgeprägt.
Bereits als junger Lehrer setzte er sich mit Erfolg für die Gründung einer deutschen Abteilung des Realgymnasiums ein, das mit seinen vier Mittelstufenklassen den schulischen Anforderungen des 20. Jh. besser gerecht werden konnte als die alte ,,Bürgerschule". Es gelang ihm in der Zwischenkriegszeit, die Eltern seiner Schüler von der Notwendigkeit zu überzeugen, sich für die Einrichtung einer deutschsprachigen gymnasialen Oberstufe einzusetzen, damit ihre Kinder die Möglichkeit haben, in Reschitz die Abiturprüfung in deutscher Sprache abzulegen. Diese Bemühungen blieben aber letztlich ohne Erfolg. Nach dem 23. August wurden die staatlichen Schulen mit deutscher Unterrichtssprache aufgelöst. Erst 1948 wurden sie wieder zugelassen. In Reschitz wurde Prof. Henn mit deren Einrichtung betraut. In der alten Viererschule neben der katholischen Kirche (später war dort das Abendlyzeum untergebracht) wurde eine deutsche Abteilung eingerichtet mit Grund- und Miffelstufenklassen (1-7). Es war ein eher bescheidener Neubeginn, da die meisten Reschitzaer Deutschen teils aus Unwissenheit, teils eingeschüchtert durch die Kriegsfolgen ihre Kinder weiterhin in die rumänischen Schulen schickten. Prof. Henn hat an der Mittelschule Physik, Chemie und Musik unterrichtet. Er hat einen Schulchor gegründet und an der Veranstaltung von Schüleraufführungen mitgewirkt. Der Ausbau der deutschen Schule lag ihm am Herzen. Unermüdlich hat er sich für die Gründung einer gymnasialen Oberstufe mit deutscher Unterrichtssprache eingesetzt, so daß 1950 schließlich an der Technischen Mittelschule (Siderurgicä) eine deutsche Abteilung gegründet werden konnte. Hier hat Prof. Henn bis zu seiner Pensionierung unterrichtet. Als Lehrer verstand er es, den zu vermittelnden Stoff anschaulich und verständlich zu erklären. So z.B. führte er das Rechnen mit Minuszahlen mit der Frage ein: ,,Wieviel ist 5 minus 10?" Die natürliche Reaktion der Schüler: ,,Das geht doch gar nicht!" hatte er erwartet und bewies darum auf einleuchtende Weise, daß es doch geht: ,,Du willst dir etwas kaufen. Das kostet 10 Lei, aber du hast nur 5 Lei in der Tasche. Dein Freund borgt dir die restlichen 5 Lei. Nun war es überhaupt nicht mehr kompliziert zu verstehen: 5 - 10 = - 5.

Sein großes technisches Hobby war das Radio. In Reschitz besaß er als erster einen Rundfunkempfänger, und zwar ein selbstgebasteltes Gerät. So manchen seiner Schüler hat er in seiner Freizeit in die Geheimnisse des Rundfunks eingeführt und damit den Grundstein mancher beruflichen Laufbahn gelegt. Aber der Lehrer, Organisator und Rundfunkamateur war auch ein musischer Mensch, ein großer Musikliebhaber, der selbst gerne musizierte. Jahrzehntelang leitete er verschiedene Chöre, auch rumänische. Er war musikalischer Leiter der ersten deutschen Operettenaufführungen des Gesangvereins nach dem Krieg. Das war ,,Der Obersteiger" 1948. Er gründete schon früh ein Streichquartett, das vor allem Hausmusik pflegte. Ihm gehörten neben Prof. Henn, der die erste Geige spielte, Ing. Braumann als Cellist an sowie zeitweilig die Herren Biegler, Cserveny, Boldur, später auch Prof. Ion Romanu und, erweitert zum Quintett, Miron Soarec am Klavier. Ubrigens war es Prof. Henn, der Prof. Soarec bewogen hatte, nach Reschitz zu kommen. In dessen Zeit als Dirigent und Musiklehrer erfreute sich das Musikleben der Bersaustadt einer wahren Blüte. Das Streichquartett musizierte im Laufe seines langjährigen Bestehens insbesondere in der Zwischenkriegszeit oft vor Publikum. Für die Qualität seiner Darbietungen spricht, daß der weltberühmte Sänger Traian Grozävescu, ein gebürtiger Lugoscher, mit dem Quartett in Reschitz, Bokschan, Orawitz und Karansebesch auftrat. Auch gelang es Prof. Henn den großen Musiker George Enescu für einen Konzertabend nach Reschitz einzuladen. Die Philharmoniker von Bukarest und Temeswar, das einst weltberühmte Berliner Kammerorchester unter Hans von Benda haben in Reschitz mehrmals konzertiert. Prof. Henn war Organisator solcher Veranstaltungen, die das kulturelle Leben der Stadt bereicherten, ihr Glanz und Niveau verliehen.

Prof. Adalbert Henn starb am 18. Januar 1975. Er hat in seiner Heimatstadt als Lehrer im weitesten Sinne gewirkt, hatte er nicht nur Fachwissen und Allgemeinbildung seinen Schülern vermittelt, sondern sondern auch das kulturelle Leben der Stadt maßgeblich geprägt. Zeit seines Lebens hat er sich unermüdlich für die schulischen Belange und nationalen Interessen der ethnischen Minderheiten, auch der ungarischen, eingesetzt. Daß diese Minderheiten ihre Eigenständigkeiten so lange bewahren konnten, ist auch dem Wirken solcher Persönlichkeiten, wie Prof. Henn eine war, zu verdanken. Darum ist es ein Anliegen unseres Heimatblattes, an sein Wirken zu erinnern.

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