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Inhalt / Folge 95
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Als Gast beim Kirchweihfest in Wolfsberg.
von Trudi Stemper, geb Kösztner
 
 
Am Sonntag, dem 15.Oktober, war es wieder so weit. Auf Einladung der Organisatoren, allen voran  Frau Szellner und Herr Engelmann, die diesmal ohne nennenswerte Unterstützung aus Deutschland auskommen mussten,  kamen viele Gäste zum traditionellen Kirchweihfest nach Wolfsberg. Es waren dies Tanzgruppen von Banat-JA aus Arad, vom Forum aus Reschitz und Ferdinandsberg sowie aus der Slowakei. Den musikalischen Teil bestritten die Wolfsberger, die von der Blasmusik aus Nadlac lautstark unterstützt wurden.

Das begeisterte Publikum bestand zum größten Teil aus "Luftschanappern", was keinen wundert, der weiß, das unter den 48 Einwohnern von Wolfsberg nur noch wenige "echte" Wolfsberger sind. Das tat der Stimmung aber keinen Abbruch, somal der Wettergott mit Sonnenschein und für die Jahreszeit ungewöhnlich hohen Temperaturen seinen Teil zum Gelingen des Festes beitrug. 

Aber nun zum Verlauf. Am Samstagabend fing es im Gemeindesaal an. Alt und jung, Bekannte und Fremde tanzten, frischten alte Bekanntschaften auf und schlossen neue. Interessant war es für mich festzustellen, daß sich seit der massiven Auswanderung der Deutschböhmen vor etwa sieben Jahren ein neuer Stamm von Kirchweihbesuchern gebildet hat. Es sind dies Leute, die von auswärts kommen, von der näheren (Reschitz) oder weiteren (Arad, Temeswar u.a.) Umgebung, aber auch aus dem Ausland, aus Deutschland und Österreich vor allem.

Das eigentliche Kirchweihfest begann mit der Heiligen Messe am Sonntagmorgen. Es war gleichzeitig auch ein Erntedank-Gottesdienst. Die musikalische Begleitung der Messe erinnerte an früher, denn die wenigen verbliebenen Wolfsbergerinnen sangen ihre traditionellen Kirchenlieder.  Nach der Messe zog die Jugend, Wolfsberger und Gäste, unter Musikbegleitung los, um den Kirchweihbaum abzuholen. Er wurde diesmal vom oberen Dorf gestellt. Nachdem man ihn mit Schnaps "eingeweiht" hatte, trugen ihn die Burschen, gefolgt von den Trachtengruppen, zunächst ins untere Dorf, damit auch die Unterdörfler ihre Freude daran haben.

Dann wurde der Baum mit vereinten Kräften neben der Kirche aufgestellt. Allerdings gelang dies auf Anhieb erst, nachdem ein echter Wolfsberger das Kommando übernommen hatte. Die Neubürger müssen wohl noch üben, um wenigstens "gelernte Wolfsberger" zu werden. Als dann das "Hoch soll er leben" von den Wolfsberger Musikanten intoniert wurde, applaudierten die Zuschauer begeistert.  Ich war nicht die einzige, in deren Begeisterung sich Wehmut mischte, hervorgerufen von Erinnerungen an eine Zeit, als die Kirwa noch ein Fest der Wolfsberger war. Auswärtige waren schon damals als Zaungäste gern gesehen. Heute aber gäbe es ohne sie kein Kirchweihfest mehr in Wolfsberg. 

Die Meinungen über das Fest, wie es heute gefeiert wird, sind geteilt. Da war von "Wunderbar!" bis hin zu "Eine Farce ist das! Eine Wolfsberger Kirwa ohne Wolfsberger!" alles zu hören. Doch auch die Kritiker dürften spätestens am Nachmittag,. als der Tanz begann, verstummt sein. Da herrschte nämlich bis tief in die Nacht hinein ausgelassene Fröhlichkeit.

Ich, die Reschitzaerin, deren Stammbaum in Wolfsberg wurzelt, in der Jugend  Wolfsbergerin auf Zeit und jetzt Deutschländerin, deren Heimweh nach Wolfsberg nie enden wird, durfte dabei sein. Ich war traurig, als alles vorbei war. Doch meine Trauer verflog, als Frau Szellner versprach: "Wir kommen wieder!" Auch ich werde wiederkommen, das verspreche ich dir, mein liebes Wolfsberg!

Trudi Stemper, geb.Kösztner
 
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