Folge 98, Mai-Juni 2001

Leser schreiben an die Redaktion

Auch nach Erscheinen der Folge 97 hat die Redaktion wieder Zuschriften und Anrufe erhalten. Sogar aus Steierdorf bekamen wir Post. Manches davon  dürfte auch unsere Leser und Leserinnen interessieren. Aus Platzmangel können wir die Zuschriften allerdings nur auszugsweise bzw. gekürzt veröffentlichen. Wir bitten um Verständnis dafür.

Brigitte Dornstauder (Steierdorf): ...Meine Ahnen sind aus Graz eingewandert... Ich liebe Steierdorf und bin stolz, daß ich hier geboren bin. Ich möchte meine Heimat auch niemals verlassen. ... Möchte Euch aus ganzem Herzen danken für das Mitteilungsblatt, das ich regelmäßig bekomme. diesmal freute ich mich sehr, als ich auf dem Foto von der Tanzschule Sigismund meinen Vater darauf fand....
Wünsche Euch allen Gesundheit, Kraft und alles Gute. 

Frau Dornstauder hat ihrem Schreiben Dokumente beigelegt, die das rege Kulturleben Steierdorfs früher bezeugen (Kasino-Ball, Gartenfest, Sängerbund, Gesang-Verein), und das Foto, zu dem sie schreibt:

Fröhliches Beisammensein am Schönberg mit den Bewohnern der Geraden Gasse, unterer Teil, der Mühlgasse, der Kolonie II und III. Die Alten sind gestorben, aber von den Jungen sind noch viele in Deutschland wohnhaft.

Wir veröffentlichen das Foto als Zeugnis Steierdorfer Gemeinschaftslebens und als kleine Überraschung für jene, die sich darauf erkennen. An Frau Dornstauder ein herzliches Dankeschön! 

Ingrid Hartmann (Reschitz/Friedrichshafen): Als ich las, was Herr Hausner schrieb, kam die Erinnerung hoch. Auch ein späterer Jahrgang (1963) kann über die Deportation sprechen. Meine Mutti, Maria Hartmann (Mitzi Lang), erzählte mir oft und viel über Rußland. Mein Vater und meine Mutti waren von Januar 1945 bis Dezember 1949 in Berezovsk. ... In den Erzählungen fielen die Namen Hausner Nanni, Wenk Fani, Wenk Franzi und Ludwig, Damhofer Nandi, Hartmann Franz und Leopold, Töpfner Edi, Wild Maritzi, Rottensteiner Klari, Lachstädter Poldi und viele, viele andere. Viele sind schon tot, aber viele leben noch, ich habe mit einigen Kontakt, und wenn wir zusammensitzen, sprechen wir auch heute noch über die "Studienjahre in Rußland", wie Frau Wild sagt....
Die Rußlanddeportation brachte viel Leid ins Leben der Betroffenen. Ich selbst mußte als Halbwaise groß werden, mein Vater starb 1971 nach einer von Rußland mitgebrachten Krankheit - Staublunge.

Edith Imling (Reschitz/Gummersbach): In der Folge 97 war ein Foto, das die Oppelcz-Band in den 30er Jahren zeigt. Im Text zum Foto wurde gefragt, wer weiß, was aus Szöts (nicht Szücs) Bubi geworden ist. Ich erinnere mich noch gut an ihn. Er konnte wunderbar Klavier spielen. Im Januar 1945 wurde er nach Rußland deportiert und ist dort gestorben.

Magdalena Pankratz (Reschitz/Traunreut): 1997 war ich das letzte Mal in Reschitz und bei dieser Gelegenheit habe ich die Gräber von allen verstorbenen Nachbarn und Bekannten am Friedhof besucht. Eigentlich leisten die Kühe, Pferde und Schweine, die ich getroffen habe, noch einen guten Dienst, da sie das Gras abweiden, sonst wäre in diesem Gestrüpp kein Durchkommen. Viele Gruften waren aufgebrochen, Vasen, Laternen zerschlagen. Aber der rumänische Teil hat auch nicht anders ausgesehen. 
Es wurde angesprochen, daß viele von den Ausgesiedelten ihren Friedhofsbeitrag nicht bezahlen. .... Aber was ist mit dem Geld, das die Ausgesiedelten viele Jahre in den Totenverein einbezahlt haben und das sie nicht in Anspruch genommen haben? Das hätte man für die Freidhofspflege verwenden können.
Frau Pankratz beklagt den Zustand der Fliegergräber. Diese wurden - wir haben darüber in Folge   77   berichtet - durch das Forum mit Unterstützung aus Österreich im Herbst 1997 instandgesetzt

Fabry Robert (Reschitz/Wendlingen): Als mein Beitrag "Keine ewige Ruhe für unsere Toten" in Folge 95 veröffentlicht wurde, ahnte ich nicht, daß dieses Thema so ein großes Echo haben wird. Einige unserer Landsleute schrieben an die Redaktion (siehe Folge 96 und 97), andere haben mich persönlich angesprochen oder angerufen. Einige waren traurig, andere zornig, ja gar wütend, wieder andere schockiert. Für jene, die schon lange nicht mehr in der alten Heimat waren, war es etwas Neues. 
Es war sicher richtig, den Beitrag über so ein heikles Thema in unserem Mitteilungsblatt zu veröffentlichen, weil es uns alle angeht - die von hier und die von dort. Es gibt auch welche, denen es nicht paßt, daß so darüber geschrieben wird.  Aber wir leben in einem demokratischen Land mit Pressefreiheit.
Etwas aber machte mich traurig. Alle verurteilten das Geschehene, aber ein Lösungsvorschlag kam nicht. Allein mit Schuldzuweisungen kann das Problem nicht gelöst werden. 
Als ich den "Brief aus der alten Heimat" in Folge 97 gelesen habe, dachte ich spontan: Hut ab! Das gefällt mir, was der Wirtschaftsförderverein Banatia leistet. Herr Martin scheint das Sprichwort zu bestätigen "Omul potrivit la locul potrivit." (Der richtige Mann am richtigen Platz.)...
Mit der Äußerung, daß alle, die wir unsere alte Heimat besuchen, nur die Freidhöfe sehen wollen, bin ich nicht einverstanden, denn wer unser Mitteilungsblatt aufmerksam liest, wird feststellen, daß vielerlei Themen behandelt werden, daß über Positives und Negatives "hier" und "dort" berichtet wird.

Hildegard Sacasan (Reschitz/Mannheim): Hallo, liebe Freunde, aus der alten Heimat Reschitz! Jedesmal warten wir auf das nächsta Mitteilungsblatt "sei ma ealich" mit freudiger Erwartung und begleiten im Geiste Herrn Marius Barbu auf all seinen Spaziergängen gerne. Da fragt man sich, wer ist Marius Barbu. ... Ich frage mich, wer sind seine Eltern und Großeltern, die ein besonderes Lob verdienen, haben sie ihm doch auf seinen Lebensweg so viel Sensibilität mitgegeben und Augen im Herzen....

Weil sein letzter Spaziergang dem Driglovetz galt, möchte ich einiges hinzufügen. Die Straße zwischen den Häusern ist nun asphaltiert. Wir fuhren mit dem Wagen bis ganz oben hin zum letzten Haus rechts, wo einst Familie Lissy gewohnt hat, vorbei am Jendlschen Haus, das gepflegt aussieht und am Gutjahrschen Haus, das übrigens zum Kauf angeboten wird, und es gibt noch alte Bekannte. Am alten Driglovetz waren bei einem Haus Fenster und Türstock ausgebaut. 

Nun zu anderen Themen, und weil aller guten Dinge drei sind, gleich zu drei.
1. Man hat im Park nahe dem Kulturhaus ein Mahnmal aufgestellt. Es soll an alle erinnern, die ohne Schuld ihr Leben durch die Verschelppung nach Rußland verloren haben. Alle Ehre. Aber die heutige Jugend bleibt ratlos stehen und fragt sich "Ce sa fie asta?" (Was soll das sein?) Vielleicht sollte in einer rumänischen Zeitung manchmal ein Artikel dazu erscheinen. Manch ein Zugezogener würde sich für die Vergangenheit der Stadt interessieren.
2. Die Instandsetzung des Kreuzes auf dem Kreuzberg erfüllt uns Ältere mit Genugtuung, die Jungen mit Staunen, wenn nicht auch hier mehr aufgeklärt wird.
3. Wäre es nicht auch schön, wenn eine Glocke, von uns gestiftet, im Kirchturm am Semenik-Gebirge läutend verkünden könnte in die Zukunft von unserer Vergangenheit, unserem gewesenen Dasein. Der Semenik war einmal unser Berg, unsere "Munce". Die Kirche ist schön renoviert, aber die Glocke fehlt. Sie kostet ungefähr 12 Millionen Lei, aber keiner hat dort das Geld dafür.... 

Was den Friedhof in Reschitz betrifft, es gibt alte Gräber, für die keiner bezahlt, weil die Angehörigen ausgestorben oder ausgewandert sind. Aber wer denkt an jene, die noch dort wohnhaft sind? Haben sie die Möglichkeit zu bezahlen?... Ein Mensch, der sich freut, wenn er ein halbes Kilo Kartoffeln kaufen kann und  so für zwei Tage zu essen hat (für Fleisch reicht es jahrelang nicht), der hat kein Geld für Tote und Friedhof. Das Leben hat Vorrang... wo kein Geld ist, da kann man auch keine Wunder erwarten. 

Tiberius Huszka (Steierdorf): Ein Dankeschön für Euer immer freudig erwartetes BB Mitteilungsblatt, das ich nun regelmäßig erhalte. 
 

 

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